Erinnerungen eines Ex-Atheisten. Teil 6

Du bist mehr wert als die Vögel!

Ich war wieder daheim und bewohnte ein Zimmer in der Wohnung meiner Mutter. Jeden Tag beim Mittagessen stellte sie mir berechtigte Fragen über meine Zukunft, die ich nicht beantworten konnte. Woanders essen konnte ich auch nicht, denn ich hatte nur noch ca. 50 DM übrig und keine Ahnung was ich tun sollte. Ein Besuch beim Arbeitsamt verlief äusserst frustrierend und im Grunde blieb mir nur übrig Sozialhilfe zu beantragen oder als Landstreicher loszuziehen. Ich konnte mich nicht überwinden zum Sozialamt zu gehen. Was mich abschreckte, war nicht nur der Papierkrieg und das endlose Warten auf dem Behördenflur, sondern ich wusste auch, dass Gott mich gerade erst aus meiner passiven und perspektivlosen Lebensweise herausgeholt hatte und ich war mir sicher: Wenn ich jetzt aufgebe, werde ich den Rest meines Lebens als schlecht gelaunter Sozialfall verbringen.
Foto: Doris WinklerIn Bretten kannte ich eine Gruppe von Christen, die dort eine neue Gemeinde aufbauen wollten und ich wollte am Sonntag dorthin gehen. Das war vernünftig, denn ich hatte sowieso kein Geld für eine Fahrkarte nach Karlsruhe, wo ich noch andere Gruppen kannte. Am Sonntag Morgen fühlte ich mich “zum aus der Haut fahren”. Ich haderte mit Gott, der mir nicht sagte, wie es weitergehen sollte. Ich war nicht überzeugt zu dieser Gruppe zu gehen und überhaupt machte sich Verzweiflung breit. Ich kniete mich hin und schrie innerlich zu Gott mir einfach irgendwas zu sagen. Ein klares Wort von Gott bekam ich nicht, aber ich hatte den Eindruck ich sollte nach Karlsruhe fahren in die Gemeinde, wo ich vor der Bibelschulzeit den Heiligen Geist so stark erlebt hatte (siehe Teil 3). Der Gedanke gefiel mir, denn die Gemeinde war ein tolle Clique mit Leuten in meinem Alter und guter Musik. Also fuhr ich hin, obwohl es schon viel zu spät war. Die Gemeinde traf sich in einem etwas seltsamen Saal einer Gastwirtschaft in der Karlsruher Südstadt. Als ich zur Tür hereinkam, hatte der Gottesdienst längst begonnen. Jemand stand auf der Bühne und gab einen Eindruck oder ein Wort von Gott weiter. In der Gemeinde war es üblich, dass jeder am Gottesdienst mitwirken konnte. Wenn man den Eindruck hatte, Gott hätte einem etwas für die ganze Gemeinde mitgeteilt, konnte man es nach kurzer Prüfung durch einen der Leiter weitergeben. Als ich zur Tür hereinkam wurde folgendes Wort weitergegeben: “In Matthäus 6 Vers 25 steht: “Seht hin auf die Vögel des Himmels, daß sie weder säen noch ernten, noch in Scheunen sammeln, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr nicht viel wertvoller als sie? Du bist mehr wert als die Vögel und Gott will, dass du dir keine Sorgen machst, sondern ihm vertraust! Denk’ daran - du bist mehr wert als die Vögel!”
Das erste Mal seit vielen Tagen konnte ich mich wieder entspannen und ich beschloss die Gemeinde regelmäßig zu besuchen - auch ohne Geld. Um mich vollends Gott anzuvertrauen warf ich all mein restliches Geld in die Kollekte.

Gottes Frieden am absoluten Nullpunkt

Auf der Heimfahrt stellte ich fest, dass meine Uhr stehen geblieben war. Am Montag gelang es mir noch ein paar herumliegende Münzen einzusammeln und ich kam tatsächlich auf die 10 DM, die ich brauchte um eine neue Batterie für die Uhr zu kaufen. Vor mir mir war im Uhrgeschäft eine Frau an der Reihe, die sich ausgiebig verschiedene Goldketten zeigen ließ, die alle zwischen 500 und 1000 DM kosteten. Ich kam mir sehr dumm vor. Nun besaß ich wirklich nichts mehr.
Ich hatte die Gewohnheit in den Wald zu gehen, um dort Gottes Gegenwart zu suchen, Lobpreislieder zu singen und zu beten. Bisher hatte ich das als religiöses Hobby betrieben, aber nun wurde es zu einer Sache ohne die ich nicht mehr leben konnte. Wenn man Gott begegnen will, lernt man typischerweise erstmal in seinen Frieden zu kommen. Weil Gott wirklich ein allmächtiger Gott ist, den nichts aus der Ruhe bringt und weil sein Reich ein ewiges und unerschütterliches Reich ist, empfindet man in seiner Nähe oft einen tiefen Frieden. Ich habe auch gelernt diesen Frieden als Bestätigung zu sehen, die Gott mir gibt, wenn ich Ihn richtig gehört habe und auf seinem Weg bin.
Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch. Euer Herz werde nicht bestürzt, sei auch nicht furchtsam.
(Joh 14,27)
Mindestens jeden zweiten Tag ging ich für ca. ein bis zwei Stunden in den Wald und kämpfte mich durch die Bedrückung, die sehr schwer auf mir lag, in den Frieden Gottes durch. (Not lehrt beten!) Als diese schwierige Zeit nach zwei Jahren zu Ende war, hatte ich so eine Übung darin, dass ich spätestens am Waldrand, der gut 10 min entfernt lag in der Gegenwart Gottes war. Manchmal kam ich an den Waldrand und stellte besorgt fest, dass mein unsichtbarer Herr nicht da war und auch sein Frieden mich nicht erfüllte. Dann wusste ich, das ich irgend etwas getan oder gesagt hatte was meinen Freund betrübt hatte. Dann bat ich den Heiligen Geist mir die Sache aus seiner Sicht zu zeigen, wenn nicht gleich selber darauf kam. Meist setzte ich dann nach wenigen Minuten “voll Heiligen Geistes” meinen Weg durch den Wald fort.

Gnade - aber von wem?

Nun stand ich während einem der ersten dieser Waldspaziergänge im Wald und war voller Sorgen. Bis zum Monatsende brauchte ich unbedingt 300 DM, um unter anderem den Krankenkassenbeitrag zu bezahlen. Ich bat Gott: “Bitte sorge doch dafür, dass meine Mutter mir noch etwas Zeit gibt eine Lösung zu finden.” Ich dachte Gott könnte sie vielleicht etwas gnädig stimmen, denn mir fiel niemand sonst ein, der mir vielleicht noch ein paar Mark gegeben hätte. Sofort war der Frieden Gottes in den ich gerade mühsam hineingekommen war wie weggeblasen. Statt dessen konnte ich regelrecht einen Ärger spüren. Gott fand dieses Gebet offensichtlich total daneben. Foto: Doris WinklerIch fragte Gott deswegen und es wurde mir klar: Statt auf Gottes Gnade und Liebe zu vertrauen, wollte ich Gnade von meiner Mutter. Damit stellte ich Gott als hilflosen und schwachen Gott hin, der mir entweder nicht helfen kann, oder dem ich nicht vertraue, weil ich nicht weiss, ob er mir helfen will. All das passt nicht zu einer Freundschaft mit Gott.
Dann wurde mir auch klar, dass ich ja schon viel wertvollere und wichtigere Dinge von Gott bekommen hatte, als die paar Mark, die mir gerade fehlten. Ich dachte an meine Errettung für die Gott seinen eigenen Sohn gegeben hat und daran, dass ich dass einfach so als unverdientes Geschenk bekommen habe. Ich dachte auch an die Erfüllung mit dem Heiligen Geist nach der ich lange gesucht hatte. Wie hatte ich sie bekommen? Durch noch mehr beten? Durch noch mehr Fasten und Gott anbetteln? Nein, sondern Gott hatte es mir zu seiner Zeit aus reiner Gnade und Liebe gegeben. Ich konnte es unmöglich erreichen oder verdienen - es ist Gottes Geschenk und mein Teil dabei war nur: Vertrauen und Glauben.
Während ich so über diese Dinge nachdachte kam eine übernatürliche Gewissheit in mich: Ich werde die 300 DM bekommen. Einfach, weil Gott für mich sorgt und ich sein Kind bin. Es war unbeschreiblich. Gerade eben war ich noch niedergedrückt gewesen und hatte mich total eingeengt gefühlt, aber nur schien sich die ganze Welt zu öffnen. Nur durch Glauben! Ich bekam einen Eindruck davon, was Jesus wohl gemeint hat, als er sagte: “Dem Glaubenden ist alles möglich!” (Mk 9,23).
Am nächsten Tag war ich immer noch ohne 300 DM. Aber ich hielt an meinem Erlebnis fest, so gut ich konnte. Am zweiten Tag war die Gewissheit weg und ich war schlimmer niedergedrückt als vorher. Ich ging in den Wald. Mit Mühe und Not kam ich wieder in den Frieden Gottes und dankte Gott immer wieder für die 300 DM. Die Gewissheit war nicht mehr so gross, aber ich entschloss mich mangels anderer Alternativen noch durchzuhalten und mein Vertrauen nicht wegzuwerfen, denn es steht geschrieben:
Werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. (Hebr 10,35)
Am dritten Tag bekam ich einen Brief von meiner Oma. Sie schrieb mir, dass sie von meiner finanziellen Notlage gehört hätte und sie schickte mir 300 DM in bar. Ausserdem kündigte sie an, mir auch in Zukunft ab und zu etwas Geld zu schicken. So freigiebig hatte ich sie bis dahin gar nicht erlebt.
Nun war klar: Ich versuchte alle Probleme nach diesem Rezept zu lösen. Um es kurz zu machen: Es klappte nicht. Gott möchte eben doch nicht als Rezept angerührt werden.

Die Herausforderung: Einfach tun was Gott gesagt hat

Ich erinnerte mich an das Wort, das Gott mir auf dem Autobahnparkplatz gegeben hatte. Was ist das naheliegende, was Gott sagt? Offensichtlich nicht die Problemlösungen, die ich mir wünsche, sondern zuerst einmal geht es um Gott und sein Wort. Die Bibel sagt, dass es nicht schwierig ist herauszufinden, was Gott will. Du muss weder in den Himmel entrückt werden noch durch die Hölle gehen:
Die Gerechtigkeit aus Glauben aber sagt so: Sprich nicht in deinem Herzen: «Wer wird in den Himmel hinaufsteigen?» das ist: Christus herabführen; oder: «Wer wird in den Abgrund hinabsteigen?» das ist: Christus aus den Toten heraufführen. Sondern was sagt sie? «Das Wort ist dir nahe, in deinem Mund und in deinem Herzen.» Das ist das Wort des Glaubens, das wir predigen, daß, wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennen und in deinem Herzen glauben wirst, daß Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, du errettet werden wirst.
(Röm 10,6-9)
So wie der Weg mit Gott anfängt, so geht er auch weiter: Es geht darum von Herzen zu glauben, was Er gesagt hat und sich dazu zu bekennen vor den Menschen, aber auch vor Gott - z.B. durch Danken. (vergl. auch Kol 2,6). Mit diesem Wissen im Kopf dachte ich nach, was Gottes Willen sein könnte und mir fiel nur ein Thema ein, das sich durch das ganze Neue Testament zieht. Hier nur eine kleine Auswahl:
Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. (Joh 13,34 u.a.)
Einer trage des anderen Lasten, und so werdet ihr das Gesetz des Christus erfüllen. (Gal 6,2)
Laßt uns also nun, wie wir Gelegenheit haben, allen gegenüber das Gute wirken, am meisten aber gegenüber den Hausgenossen des Glaubens! (Gal 6,10)
Kinder, laßt uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit!
(1.Joh 3,18)
Mit dem altertümlichen Begriff “Hausgenossen des Glaubens” kann ja nur die Gemeinschaft von anderen Christen gemeint sein in der ich mich bewege. Also entschloss ich mich kompromisslos den anderen Christen in der Karlsruher Gemeinde zu dienen und “einfach” nichts anderes zu tun. Das war natürlich ein sehr fragwürdiger Entschluss. Wie sollte ich meinen Lebensunterhalt bekommen? Ich wusste es nicht. Ich drückte mich um diese Frage herum und redete immer davon, ich sei “arbeitslos”. Ich bat Gott um eine Bestätigung. Ich wollte die Sache einem Leiter der Gemeinde erzählen und mich dann nach seinem Rat richten, egal wie er ausfallen würde. Tatsächlich arrangierte Gott, dass ich mit einem der Ältesten der Gemeinde durch die Karlsruher Fußgängerzone ging und totsicher kam natürlich die Frage: “Was machst Du beruflich?” Ich erzählte ihm von meinem Plan “einfach” der Gemeinde zu dienen und sagte auch ganz offen, dass ich mir bewusst war, dass es ein Desaster geben könnte. Er war nicht gerade begeistert, aber sein Fazit war: Versuch es, denn es wird sich ja schnell zeigen, ob es von Gott ist. Ich fasste das großzügig als Genehmigung auf.

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