Erinnerungen eines Ex-Atheisten. Teil 3

Mit Gott auf Besuchstour

Auf der einen Seite machte es mir große Freude in der Baptistengemeinde zu sein - ich hatte Freunde gefunden, viele aus der Gemeinde hatten mich zu sich nach Hause eingeladen und bei einigen lud auch ich mich öfters mal ein. Ich war in einem Hauskreis, der sich gut entwickelte und in dem ich mich wohlfühlte. - Aber auf der anderen Seite hatte ich einen unstillbaren Hunger nach neuen Erfahrungen mit dem Heiligen Geist, den die Gemeinde einfach nicht befriedigen konnte. Ich begann andere Gemeinden zu besuchen. Das Netzwerk charismatischer Gemeinden bot eine Seminarreihe an. In jeder der beteiligten Gemeinden wurde ein Seminar durchgeführt. Häufig waren dazu bekannte Prediger eingeladen - zum Teil auch aus dem Ausland. Das erste Seminar, das ich besuchte war zum Thema “Leiterschaft”. Das betraf mich nicht, aber das war mir egal. Es gelang mir ein Auto zu leihen und das etwas abgelegene Gemeindehaus zu erreichen. Der Prediger war aus USA - ein Leiter der Vineyard-Bewegung. Die Predigt war sehr gut und mit viel Humor gewürzt. Nach der Predigt kündigte der Foto von Ian Britton - freefoto.comPrediger eine Gebetszeit an. Die Gemeinde stand von ihren Sitzen auf. Aber statt ein paar wohlgesetzte Worte zu sprechen, kniete er mit seinem Team vor der ersten Reihe hin und sie wiederholten laut und inständig immer wieder (auf Englisch): “Komm Heiliger Geist - bitte komm Heiliger Geist und hilf’ uns.” Das fand ich total daneben. So als müsste man den Heiligen Geist beschwören. Auch theologisch fand ich es nicht besonders ausgewogen. Ich war sicher: Es würde gar nichts passieren und dazu fand ich es auch peinlich. Ich dachte: “Was glaubt dieser Mann, wer er ist? Meint er Gott wird jetzt hier persönlich erscheinen nur, weil er immer wieder “komm Heiliger Geist” ruft? Was wird er dann als nächstes bringen?” Plötzlich war es, als hätte jemand einen göttlichen Schalter umgelegt. Ein großer Teil der vor mir stehenden Leute fiel zu Boden und die Atmosphäre im Raum änderte sich schlagartig. Ich war sehr erschrocken und schwankte extrem zwischen Begeisterung und Skepsis hin und her. Ziellos wanderte ich im Raum herum und wusste nicht was ich tun oder denken sollte. Als ich ca. eine Stunde später die Gemeinde verließ, fuhr ich mit dem Auto erstmal auf einen einsamen Feldweg, um mir klarzuwerden, was ich da erlebt hatte. Ich war wie elektrisiert: Was war das? Ich musste mehr darüber herausfinden!

Gott macht eine Party für seine Kinder

Als nächstes besuchte ich eine Veranstaltung mit dem sehr verheißungsvollen Titel “Wunder und Kraftwirkungen des Heiligen Geistes”. Die Räume der Gemeinde befanden sich im ersten OG eines alten Fachwerkhauses. In der ehemaligen Wohnung war durch Herausnehmen einer Wand ein kleiner Versammlungsraum geschaffen worden. Es war voll und ich bekam gerade noch einen schmalen Sitzplatz. Den brauchte ich allerdings nicht lange. Die Gemeinde stand auf, um Gott zu loben. Der Lobpreis wurde von einem Typen mit einem Tambourin in der Hand geleitet. Er stimmte die Lieder an, die Gemeinde sang mit und er tanzte wie wild mit dem Tambourin herum. Für mich als Mitglied einer seriösen “evangelisch-freikirchlichen Gemeinde” war das wirklich etwas ungewohnt. Nun sprang der Funke der Begeisterung auch auf die Gemeinde über und alle begannen im Takt zu hüpfen. Ich sah uns schon alle mitsamt dem Fußboden eine Etage tiefer krachen. Doch es ging gut. Der Prediger kam aus der Schweiz und sprach ständig von einem “neuen Wirken des Heiligen Geistes”. Er referierte über verschiedene Ereignisse in der Kirchengeschichte, wo solche Wirkungen des Heiligen Geistes auch schon aufgetreten waren und versuchte anhand der Bibel und der Kirchengeschichte zu zeigen, dass dieses “neue Wirken des Heiligen Geistes” in der Bibel enthalten ist und sich auch schon in früheren Zeiten ereignet hat. Ich hielt nichts von dem “neuen Wirken” - schließlich weiss ja jeder, dass Gott sich nicht ändert. Aber ich war gespannt, ob der göttliche Schalter wieder umgelegt werden würde. Ich sehnte mich danach die herrliche, majestätische Gegenwart Gottes wieder zu spüren. So ging es wohl den meisten Anwesenden. Die Erfahrung Gottes war das neue, aufregende wonach alle suchten. Nach dem Gottesdienst wurden die Stühle zu Seite geräumt und der Prediger und Mitarbeiter der Gemeinde beteten mit Handauflegung für jeden, der das wollte. Ich wollte auch- aber während die meisten für die gebetet wurde zu Boden fielen und offenbar eine schöne Begegnung mit Gott hatten, passierte bei mir nicht viel. Man sagte mir, ich sein wahrscheinlich noch nicht “offen” dafür. Das ließ mich etwas ratlos zurück, aber ich blieb noch eine volle Stunde länger und genoss die angenehme Atmosphäre im Raum.

Löwengebrüll und Prophetie

In meiner netten Baptistengemeinde hielt es mir nur noch selten. Ich entschloss mich, mich an der Bibelschule in Bad Gandersheim anzumelden und die Zeit bis dahin mit der Erforschung des “neuen Wirkens” zu verbringen. Mehrere Gemeinden in Karlsruhe wurden von diesem Wirken des Heiligen Geistes erfasst und es gab oft eine Gelegenheit eine interessante Veranstaltung zu besuchen. Manchmal war es etwas seltsam, aber ich hatte auch echte Begegnungen mit Gott, die mir geholfen haben die Realität und Gegenwart Gottes zu erleben - und vor allem: Jede Begegnung mit der Kraft GottesFoto von Ian Britton - freefoto.com verstärkte in mir den Wunsch immer in seiner Gegenwart und Herrlichkeit zu leben. Besonders erinnere ich mich an ein dreitägiges Seminar über Prophetie mit Graham Cooke. Es gab nicht nur gute und klar auf der Bibel aufgebaute Lehre zu diesem Thema, sondern die entsprechenden prophetischen Geistesgaben waren auch zu erleben. Das war mir wichtig, denn ich war es bereits leid, dass alle von den Geistesgaben redeten, aber so gut wie niemand die praktische Umsetzung  demonstrieren konnte. Am Sonntag predigte Graham Cooke noch im Gottesdienst. Während dem Lobpreis vor der Predigt geschah etwas, was ich seither nie wieder in dieser Form erlebt habe. Die Lobpreis schlug in eine wahre Begeisterung für Gott um und dann schien sich der Saal mit einer ungeheuren Kraft zu füllen - mir kam es vor als würde die Luft bleischwer und ich ging auf die Knie. Den anderen ging es wohl ähnlich. Ich spürte förmlich wie Kraft und große Freude in mich hinein flossen. Einige weinten und stöhnten, andere begannen schallend zu lachen. Neben mir begann eine sonst eher zurückhaltende Frau laut zu brüllen wie ein Löwe. Graham Cooke ging schließlich zum Rednerpult, um mit der Predigt zu beginnen. Er versuchte es mehrmals, aber jeweils nach ein Paar Worten ging er unter der Kraft Gottes regelrecht in die Knie. Endlich gelang es ihm schwer gestützt auf das Rednerpult die Predigt zu halten. Heute, mehr als 10 Jahre später kann ich mich noch recht gut an seine Botschaft erinnern. Er sprach über den geistlichen Kampf, den jeder Gläubige kämpfen muss, um das eigene Herz rein zu halten, das alte, natürliche Leben zu überwinden und den Glauben zu bewahren.

Vollgefüllt und ausgesandt

Im Spätsommer 1995 hatte ich meinen Abschied aus der Baptistengemeinde geregelt. Ich sprach mit dem Pastor und verabschiedete mich bei vielen Freunden. Es war mir wichtig einen guten und unbelasteten Abschied zu finden. Die Bibelschule sollte im Herbst beginnen.

Ich bekam vorher noch Gelegenheit zu einer Konferenz im christlichen Zentrum Wiesbaden mitzufahren. Eine halbe Stunde vor Beginn der ersten Veranstaltung saß ich in der zweiten Reihe in dem großen Saal, der nicht nur Stühle, sondern auch große freie Flächen hatte. Vorne auf der Bühne wurde noch eifrig gearbeitet, um alles für die Veranstaltung vorzubereiten. Gerade kam eine Mitarbeiterin der Gemeinde mit einer riesigen Blumenvase und einem Strauss von Sonnenblumen. Kurz darauf kam sie mit einer 10l Gießkanne und goss Wasser in die Vase. Ich musste leise lachen ohne zu wissen warum. Irgendwie war eine starke Freude in mir. Ein zweites Mal kam sie wieder und goss Wasser in die Vase. Das verstärkte meine Freude, so dass ich mich sehr zusammennehmen musste nicht schallend loszulachen. Als sie schließlich eine dritte Ladung Wasser in die Vase goss konnte ich mich vor Lachen nicht mehr halten - Tränen liefen mir über das Gesicht und es war mir gleichzeitig recht peinlich, denn schließlich gab es ja nichts zu lachen. Die Freunde, die mich mitgenommen hatten kannten diese Art von Lachen schon, das oft auftritt, wenn der Heilige Geist einen Versammlungsraum oder einzelne Menschen erfüllt (was leider nicht ganz so oft auftritt). Insbesondere ist es nach Ps 126 ein Zeichen dafür, dass Gott sein Volk befreit und zu neuen Segnungen führt:
Als der HERR die Gefangenen Zions zurückführte, waren wir wie Träumende. Da wurde unser Mund voll Lachen und unsere Zunge voll Jubel. Da sagte man unter den Nationen: «Der HERR hat Großes an ihnen getan!» Der HERR hat Großes an uns getan: Wir waren fröhlich! Bringe zurück, HERR, unsere Gefangenen, gleich den Bächen im Südland. Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten. Er geht weinend hin und trägt den Samen zum Säen. Er kommt heim mit Jubel und trägt seine Garben.
(Ps 126)

Die Lehre, die auf dieser Konferenz weitergegeben wurde war sehr gut. Es wurde darüber gelehrt, wie man im Heiligen Geist bleibt und jeden Tag in der Gegenwart Gottes leben kann. Auf diese Weise empfängt man die Kraft wie ein Christ zu leben und ein Zeugnis für Gott in der Welt zu sein. Am folgenden Tag im Abendgottesdienst gab es nach der Predigt Gelegenheit nach vorne zu kommen auf die große Fläche vor der Bühne. Es ging darum neu oder erstmals mit dem Heiligen Geist erfüllt zu werden. Ich ging auch nach vorne. Ein Mitarbeiter der Gemeinde kam zu mir undOuelle www.sxc.hu betete mit Handauflegung für mich. Ich spürte die Gegenwart und Kraft  Gottes. Ich fühlte mich leicht “betrunken” aber ganz anders als durch Alkohol. Um mich besser auf Gott konzentrieren zu können legte ich mich auf den Boden. Nach einiger Zeit ließ die spürbare Gegenwart Gottes nach und ich stand auf, um zu meinem Platz zu gehen und dort weiterzubeten. Die Mitarbeiter der Gemeinde waren auch ganz begeistert, dass Gott an diesem Abend so stark gegenwärtig war, so dass viele unter der Kraft Gottes auf dem Boden lagen. Als ich nun aufstand stand ich fast als einziger und einige Mitarbeiter dachten, ich hätte wohl noch keine Begegnung mit der Kraft Gottes gehabt. Sofort kamen zwei zu mir und begannen für mich zu beten. Ich ließ es mir gefallen. Da kam die Kraft Gottes ein zweites Mal auf mich - diesmal stärker - und ich setze mich mich auf den Boden, um nicht umzufallen. Längere Zeit saß und lag ich da und genoß die herrliche Nähe Gottes, die schwer zu beschreiben ist. Es ist wie eine tiefe Geborgenheit und Freude und gleichzeitig spürte ich eine große Kraft um mich herum und in mir drin. Schließlich spürte ich, dass ich auf die Toilette gehen musste. Das fand ich sehr ärgerlich, denn ich nahm an, dass dies das Ende meiner heutigen Begegnung mit Gott sein würde. Aber schließlich schwankte ich “voll Heiligen Geistes” zur Toilette. Sicherheitshalber immer in Nähe der Wand. Und nach wenigen Minuten kam ich ebenso “voll Heiligen Geistes” von der Toilette zurück. Das befreite mich für alle Zeit von all diesen komischen religiösen Vorstellungen, die sagen, dass Gott nur in irgendeinem besonders heiligen, religiösen und weltfremden Raum wirkt. Ich schwankte zu meinem Platz und ging dabei vorne an der Bühne vorbei. Die immer noch fleißigen Mitarbeiter hielten mich für einen Nachzügler und so bekam ich die dritte Erfüllung. Diesmal war es so stark, dass ich sofort umfiel,  fast eine halbe Stunde auf dem Boden lag und weder aufstehen konnte noch wollte. Gott gab mir in dieser Zeit auch mehrere Zusagen für mein zukünftiges Leben, die mir bis heute sehr kostbar sind.
Am letzten Tag der Konferenz war ich mit Freunden auf dem Weg in eine Pizzeria, wo wir zu Mittag essen wollten. Ein kräftiger Gewitterschauer zwang uns, im Wartehäuschen einer Bushaltestelle unterzustehen. Als ich sah, wie das Regenwasser in großen Mengen in einen Gully vor der Bushaltestelle schoss, dachte ich an die Erfüllung mit Heiligen Geist und musste laut loslachen. Ich lachte bis mir die Tränen kamen. Die Leute in der Haltestelle konnten das nicht verstehen und es war etwas peinlich, aber ich lachte mich fast kaputt.

Nach all diesen Erlebnissen war meine Erwartung an die bevorstehende Zeit auf der Bibelschule sehr hoch. Ich erwartete in dieser Kraft und Herrlichkeit ausgebildet zu werden und dann wollte ich einfach durchstarten in das was ich heute den “intergalaktisch apostolischen Dienst” nenne. Ich sah mich schon im Flugzeug um die Welt fliegen und den Völkern das Evangelium predigen. Gottes Sicht der Dinge war allerdings etwas anders ...

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