Erinnerungen eines Ex-Atheisten. Teil 4

Ein Blick in die Zukunft

In den Monaten vor der Bibelschule nahm ich verschiedene Gelegenheitsjobs an, um noch etwas Geld zu verdienen. Ich hatte erst ca. 60 % des Geldes, das ich für das erste SchuljahrQuelle: aboutpixel.de benötigte, gespart. Mein damaliger Vermieter bot mir Geld an, wenn ich den riesigen Feuerdorn vor dem Haus stark zurückschneiden würde. Was sich wie leicht verdientes Geld anhörte, erwies sich als langwierige und sehr stachelige Arbeit. Der Feuerdorn hat ein sehr hartes, zähes Holz und sehr viele lange Stacheln. Einen ganzen Tag kämpfte ich mit dem stacheligen Dickicht. Am Nachmittag kam mir einfach so der Gedanke: “Genauso sieht dein Leben aus.” Ein stacheliges Dickicht mit Früchten, die niemand essen kann. Wenn es eine andere Aussage gewesen wäre, hätte ich es für ein Wort Gottes gehalten, weil es mehr als ein flüchtiger Gedanke war und gleich mit so einer tiefen Überzeugung in meine Gedanken kam. Aber damals konnte ich es noch nicht so gut unterscheiden und ich verdrängte das Wort. Es passte auch nicht so recht zu meinen Erwartungen.

Kurz vor meiner Abreise nach Bad Gandersheim, bat ich Gott mir doch irgend etwas zu sagen über die bevorstehende Zeit. Und ich bekam tatsächlich eine Antwort: Ich sah in Gedanken den Hof des Glaubenszentrums. Es war dunkel und es lag recht viel Schnee auf dem Hof. Dann sah ich mich auf dem Hof einige Runden spazieren gehen. Das war alles. Ich konnte nichts damit anfangen.

Wenn Gott einfach nicht sagen will, was man hören möchte ...

Um nach Bad Gandersheim zu fahren und alle meine Sachen inclusive Bettzeug usw. zu transportieren, hatte ich einen Kleinwagen gemietet. Den musste ich am gleichen Tag um 12.00 Uhr in Nordheim (einer Nachbarstadt von Bad Gandersheim) wieder abgeben. Leider hatte ich die Fahrtzeit etwas zu knapp geschätzt und ausgerechnet an diesem Tag hatte ich verschlafen. 4,5 Stunden hetzte ich nonstop mit dem Kleinwagen über die Autobahn, der auch bei Vollgas kaum schneller als 130 lief. In Bad Gandersheim konnte ich meine Sachen nur kurz im Flur abstellen, dann hetzte ich weiter nach Nordheim, wo ich nur dank der Kulanz der Autovermietung den Wagen zurückgeben konnte ohne einen weiteren Tag zu bezahlen. Auch in den kommenden Wochen stellte sich das wunderbare, gesalbte Leben, wo man immer so wunderbar von Gott begleitet wird, nicht ein.
Ich war gewohnt als Einzelgänger zu leben und nicht allzuviel zu arbeiten, nun aber wohnte ich mit vierQuelle sxc.hu weiteren jungen Männern in einem großen Zimmer und es gab für meine damaligen Verhältnisse recht viel zu tun (heute würde ich es für wenig halten). Gartenarbeit zweimal die Woche, “Topfspülen” in der Küche ein bis zweimal täglich, die eigene Wäsche waschen, dazu natürlich der Unterricht, Gebetszeiten, “Studierabende”, Flurdienst ... Statt viel aufzunehmen und die großartigen Möglichkeiten für geistliches Wachstum, die sich dort bieten zu nutzen, hetzte ich nur durch das Programm. Jeden Abend war ich entschlossen vor dem Frühstück aufzustehen, um zu beten und jeden Morgen kam ich nicht aus dem Bett und zu spät zum Frühstück. Zu anderen Zeiten wieder hielt ich mich für geistlicher als alle anderen, wobei das Zusammenleben mit meinen fünf Zimmergenossen mich glücklicherweise immer wieder schnell aus meinen geistlichen Höhenflügen zurück holte. So schwankte ich zwischen Niedergeschlagenheit und hochfliegenden Ansprüchen an mich selber. Da in den Gottesdiensten in Bad Gandersheim damals der Geist nicht so vom Himmel fiel, wie ich das erwartet hatte - nach den vorangegangenen Erlebnissen - war ich frustriert und enttäuscht. Für alles gab ich meinen Mitschülern und den Mitarbeitern des Glaubenszentrums die Schuld. Ich dachte die seinen alle einfach nicht geistlich genug, könnten mir nichts geben und gingen mir sowieso nur auf die Nerven. Schließlich entschloss ich mich, dem Ganzen ein Ende zu machen und wieder abzureisen. Aber immer wenn ich mich aufraffen wollte, um meine Abreise zu organisieren wusste ich ich ganz genau, dass es falsch war. Alle anderen Fragen und Beschwerden an Gott blieben unbeantwortet. Nur eins war klar: Du bleibst da. Das konnte ich nicht akzeptieren und kämpfte immer wieder damit. Schließlich war ich komplett verwirrt und erschöpft. Es häuften sich auch Fälle in denen ich sehr aggressiv auf Mitschüler reagierte. So konnte es nicht weitergehen.

Gottes Trost und überfliessende Güte

Eines Abends saß ich wieder niedergeschlagen in meinem Zimmer. Um mir etwas Abwechslung zu verschaffen ging ich hinaus in den Hof. Es war Winter und es hatte recht viel geschneit. Ich drehte ein paar Runden ... Schlagartig erinnerte ich mich an das Bild, das Gott mir Monate zuvor gezeigt hatte! Ich war allein schon dadurch sehr getröstet und ermutigt. Quelle aboutpixel.deGott hatte das alles vorher gesehen. Er war nicht enttäuscht und er war auch nicht einfach weg, so wie ich es empfunden hatte. Er hatte das alles unter Kontrolle! Ich bat Gott um Vergebung für mein negatives, egozentrisches und selbstmitleidiges Verhalten. Dann bat ich Gott mir einen Weg zur Veränderung zu zeigen. An diesem Abend und in den folgenden Tagen beantwortete Gott mein Gebet. Endlich konnte ich ich folgende Entschlüsse fassen und auch dauerhaft dabei bleiben:
Ich entschloss mich für die restliche Zeit in Bad Gandersheim einfach zu tun, was mir aufgetragen wurde. Nicht mehr und nicht weniger. Dabei konzentrierte ich mich auf die praktischen Dienste im Haus und im Garten. Ich entschloss mich das depressive Grübeln einzustellen, keine hochfliegenden Erwartungen mehr an mich selber zu haben und meine Geschwister und Mitschüler vorbehaltlos zu akzeptieren und ihnen in bescheidenem Rahmen zu dienen. Außerdem erkannte ich, dass ich mir Zeit zur Erholung nehmen musste, weil ich das enge Zusammenleben nicht gewohnt war. Also fing ich an stundenlang allein durch den Wald zu gehen und dabei einfach und ohne Anspannung mit Gott zu sprechen. Bald ging es mir deutlich besser. Nicht nur seelisch, sondern auch körperlich. Ich bekam Lob für meine praktischen Tätigkeiten und durfte auch die Autos des Glaubenszentrums gelegentlich fahren, um Gäste abzuholen oder ähnliches. Da ich sonst nur zu Fuss unterwegs war, tat mir das gut.

Furcht Gottes - was soll das sein?

Einer der Lehrer hatte einen großen Teil seines Unterrichts auf einem Buch von Derek Prince aufgebaut. Ich kannte das Buch. Statt nun die Gelegenheit zu ergreifen die biblischen Wahrheiten aus diesem Buch nochmal durchzugehen und auch praktisch umzusetzen, saß ich gelangweilt da und wusste schon immer was als nächstes kommt ... Nach einigen Wochen sollten wir über diesen Teil des Unterrichts eine Hausarbeit schreiben. Dazu waren einige Fragen schriftlich zu beantworten. Ich versorgte meine Mitschüler großzügig mit guten Tipps zur Beantwortung der Fragen und alle bewunderten meine umfassenden Erkenntnisse, die in Wirklichkeit von Derek Prince stammten. Ich wollte aber noch einen Schritt weitergehen. Ich setzte alles daran bessere Antworten als Derek Prince zu geben! Ich nahm seine Aussagen aus dem Buch als Basis, fügte noch weitere Parallelstellen aus der Bibel hinzu und wies natürlich auch auf die großen biblischen Zusammenhänge hin.
Einige Zeit später lagen die korrigierten Arbeiten in den Postfächern der Schüler und in unserem Zimmer verglichen wir die Beurteilungen. Unter allen stand eine Ermutigung, wie z.B. “Du hast es sorgfältig aus der Bibel erarbeitet, mache weiter so!” “Was seht denn unter deiner Arbeit?”, fragte einer. Alle wussten ja wie unglaublich gut ich meine Sache gemacht hatte. Ich ging extra runter zum Postfach und holte meine Arbeit. Die Jungs aus dem Nachbarzimmer kamen auch noch dazu, alle standen um mich herum. Ich las die Beurteilung vor: “Wolfram, du hast viel von Gott erkannt, doch lebe auch in dieser Erkenntnis!” Das Gelächter war groß, nur ich fand es nicht lustig. Quelle sxc.huBei nächster Gelegenheit bat ich den Lehrer um einen Gesprächstermin, denn wollte ich mal wissen aus welchen oberflächlichen Eindrücken er geschlossen hatte, dass ich nicht in meiner Erkenntnis lebe. Der Termin kam und der Lehrer teilte mir auf sehr freundliche Weise seine Eindrücke mit, die wenig schmeichelhaft waren. Zu guten Schluß meinte er: “Das Grundproblem ist, dass du keine Furcht Gottes hast.” Dem konnte ich nicht widersprechen, denn ich wusste nicht was das ist: “Furcht Gottes”? Nie gehört. Irgendwas aus dem Alten Testament? In den folgenden Tagen zog ich mich in die Bibliothek zurück und studierte ich das Thema “Furcht Gottes” in der Bibel. Ich kam zu dem Ergebnis, dass der Lehrer voll und ganz recht hatte. Ich hatte keine Ehrfurcht vor Gott, ich hatte keinen Respekt vor den Dingen Gottes. Ich machte zum Beispiel gerne so fromme Witze mit verdrehten Bibelzitaten. Ich wollte gerne Gott gehorchen und mich auch unterordnen, aber wenn ich Hunger hatte und das gemeinsame Tischgebet verzögerte sich, dann fing ich trotzdem schon mal an zu essen. Ich konnte jeden beurteilen - nur mich selber nicht. Mein Verhalten war anders als das Verhalten eines Menschen, der Gott und sein Wort an die erste Stelle setzt und ihn ehrfurchtsvoll respektiert als Herrn und Gott.
Was man nicht hat, darum muss man bitten und so betete ich als ständiges Stoßgebet immer wieder einen Vers aus den Psalmen (Ps 86,11): Lehre mich, HERR, deinen Weg: ich will wandeln in deiner Wahrheit! Fasse mein Herz zusammen zur Furcht deines Namens.

Ein Freund Gottes werden

An einem grauen Wintertag ging ich mal wieder durch den Wald. Ich war wieder in Grübeleien über meine Zukunft gefallen, die genauso schlecht aussah wie das Wetter. Mir kam in den Sinn Bibelworte laut auszusprechen. Man kann so die Verheissungen Gottes aussprechen und durch die Wahrheit wieder zu Gott durchbrechen, die verwirrten Gedanken werden unterbrochen und man steht wieder auf festem Grund: Auf dem ewigen Wort Gottes. Quelle aboutpixel.deIch begann mit “Der Herr ist mein Hirte mir wird nichts mangeln ...” (Ps 23)
Einige Zeit später hatte ich die meisten Bibelstellen, die ich auswendig konnte gesagt. Ich machte mich auf den Heimweg, als Gott zu mir sagte: “Und jetzt solltest du noch etwas aussprechen. Versprich mir, dass du es tun wirst.” Ich dachte: Es kann ja nicht so schlimm sein etwas auszusprechen. Also versprach ich es. Gott sagte: “Sprich laut aus: Ich bin ein Freund Gottes.” Ich war damit nicht glücklich, es kam mir übertrieben und anmassend vor. Aber ich hatte es versprochen. Ich sprach es aus und Gott sagte: “Nochmal!”. Etwa zehn mal wiederholte ich: “Ich bin ein Freund Gottes.” Dann ging ich schnell zurück zum Glaubenszentrum, denn mir war sehr kalt geworden und ich frage mich auf dem Heimweg, ob es vielleicht doch verkehrt ist durch den Wald zu gehen und viel Zeit mit irgendwelchen Spinnereien zu verbringen.
Am Abend war ein besonderer Gottesdienst. Ein Prediger aus den USA war da und sollte sprechen. Ich war müde und setze mich ganz nach hinten in die Nähe der Tür,  um so früh wie möglich zu verschwinden. Der Prediger begann seine Botschaft. Sein Thema war: Was es bedeutet ein Freund Gottes zu sein. Zum Schluss seiner Predigt rief er dazu auf, dass diejenigen, die ein wirkliches Verlangen hätten Freunde Gottes zu werden zum Gebet nach vorne kommen sollten. Dabei betonte er, dass nicht jeder zu dieser hohen Berufung bestimmt sei. Sehr viele meiner Mitschüler gingen nach vorne. Ich ging ins Bad. Denn als Freund Gottes geht man als erster ins Bad, wenn der Boden noch trocken und das Wasser noch heiss ist. Ich war glücklich, aber müde und ging sofort ins Bett. Denn schließlich steht geschrieben:
Vergebens ist es für euch, dass ihr früh aufsteht, euch spät niedersetzt, das Brot der Mühsal esst. Soviel gibt Er seinem Geliebten im Schlaf.
Ps 127,2
Nach einiger Zeit wachte ich wieder auf, als meine Mitschüler ins Zimmer kamen. Einer meiner Mitbewohner mit dem ich nicht besonders gut zurecht kam, erzählte wie ergriffen er von der Predigt war und wie sehr er sich wünsche auch ein Freund Gottes zu sein. Dann wandte er sich an mich: “Hat die Predigt dich nicht berührt - warum bist du so früh gegangen?” Ich antwortete: “Doch, sehr tief berührt ... aber bitte mach’ jetzt das Licht aus!”

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